Ich war Heute in Bautzen, was wahrscheinlich keiner kennt. Jedenfalls haben die dort die "alte Wasserkunst". Nun in diesem Turm ist derzeit eine Ausstellung über Bestattungen und auf ihm, nunja, eine schöne Aussicht mit gratis Gedankenfluss.
Ich habe keine Ahnung.
Weder vom Leben, noch vom Tod. Selbst was alles dazwischen ist, alles, was sich zwischen Anfang und Ende befindet, im Meer des Endlosen treibt, immer in Richtung Ungewissheit. Es erschließt sich mir nicht. Es bleibt ein unbegreifliches Rätsel, ein Bild, welches sich nicht zeichnen lässt, ist der Geist doch ein so viel kreativerer Künstler als alles Reale.
Versuchst du es, so scheitert man. Das Werk mag unübertroffen an Schönheit und überwältigend an Eleganz sein, doch seinem Ursprung wird es nie gerecht werden.
Es ist nicht so, dass die Dinge auf einen Weg gebracht werden müssen, angestoßen, in die richtige Richtung.
Vielmehr treibt jedes Etwas auf seinem Weg durch die Welt. Manchmal ist dieser Weg eine grobe Gerade, aber sehr viel öfter scheinen sich die Dinge ständig vor und zurück zu bewegen.
Von Weitem betrachtet man dann vielleicht einen Stillstand, Stille, Stase.
Aber wer genau hinsieht, sieht selbst auf einem Stein Leben.
Mein Blick schweift in die Ferne. Der Himmel ist heute besonders schön.
Wolkenfetzen ziehen über das Land, hauchdünn und zerbrechlich sehen sie aus, wenn die untergehende Sonne auf sie scheint. Das Licht taucht sie in ein sanftes Gelb und ich kann die Sekunden zählen, die vergehen.
In einer scheinbar endlosen Bewegung umhüllt der Sonnenuntergang den Himmel.
Ich schaue herunter, von dem Turm, auf dem ich stehe. Und auch hier sieht man erst bei längerer Betrachtung das Leben.
Die letzten Erledigungen des Tages, ein Spaziergang in der Dämmerung treibt die Menschen dort unten an.
Ich habe natürlich, wie bereits gesagt, keine Ahnung, aber gerade jetzt, ist das Leben schön.
Wer weiß, wie es Morgen sein wird, oder in wenigen Sekunden.
Vielleicht fällt der Vorhang, während das Klavier ein paar begleitende Akkorde spielt.
Vielleicht auch nicht.
Aber ich weiß, dass ich zufrieden bin. Und auch, wenn man es mir vielleicht nicht anmerkt, genieße ich jeden Augenblick, den meine Empfindung mir gibt.
Niemand sonst kann fassen, begreifen oder erblicken, was ich verspüre. Ein Bild zu zeichnen, ein Foto machen, es zu erzählen oder aufzuschreiben, nichts könnte annähernd das beschreiben, was ich auszudrücken versuche.
Ich kann den Regen schon riechen, die Nässe spüren.
Es wird Zeit zurückzugehen. Zu altem Trott, Alltag. Zurück zur Betäubung, in den Halbschlaf.
Bevor ich mich abwende und gehe, lasse ich den Blick ein letztes Mal im abendlichen Himmel schweifen, in der Ferne, um ihn für eine Weile in mir zu behalten.
Um eine Weile überstehen zu können.
Sicher ist, ich werde wieder kommen, wenn ich die Gelegenheit bekomme. Und genauso sicher ist es, dass es ein anderes, vielleicht kein neues Gefühl sein wird, welches mich überkommt.
Das ist aber nicht schlimm. Denn, bis der Vorhang fällt, werde ich die Momente und Augenblicke auskosten.
Ich warte und erwarte oft das Klavier, aber wie gesagt:
Ich habe keine Ahnung.
Und das ist gut so.