Teil 1
Es war einer dieser seltsamen Tage, an denen ich mal wieder das Gefühl hatte, etwas stimme nicht. Vielleicht störte mich die Fliege, die mal wieder einen Plan auf meinem Fuß zu schmieden schien, oder auch nur die Tatsache, dass mein Kumpel immernoch schlief. Ich verscheuchte die Fliege und setzt mich auf. Mein Bett war eigentlich zu weich, um daraus aufstehen zu können. Jeder, der sich in mein Bett legte, wurde entweder seekrank oder wollte nicht mehr aufstehen. Es war ein Wasserbett mit sehr weichem Überzug, der Himmel auf Erden, wie ich es gerne sagte. Ich stand auf. Meine Füße weigerten sich, doch ich zwang sie zu meinem Schrank zu gehen. Es wurde langsam Zeit, mich anzuziehen. Ewig konnten wir hier nicht bleiben, da wir uns bald mit unserem alten Sack von Lehrer treffen mussten. Jeder mochte ihn, da er so alt, weise und sehr freundlich wirkte, abgesehen von uns. Wir haben ihn schon einmal in einem Wutanfall erlebt, seit dem ist er uns nicht mehr so sympathisch. Ach ja, habe ich mich eigentlich schon vorgestellt?
Mein Name ist Diana, 13 Jahre alt und meines Zeichens Stier. Ich werde schon in fast genau einem Monat 14, doch mich interessiert es nicht. Die einzige Person, die an meinen Geburtstag dachte, war mein Partner Rick. Rick war schon frech und manchmal wirklich gemein, jedoch auch humorvoll und mir gegenüber sehr fürsorglich. Er war bereits 16 und wir konnten uns beide nicht erklären, wieso wir beide ein Team waren, denn auf der ganzen Schule gab es so etwas wie Teams gar nicht. Anscheinend waren wir etwas Besonderes. Das Nervige an der Sache war aber, dass man uns immer als Pärchen bezeichnete. Wir verstanden uns nur gut, okay!?
Ich stand vor dem Schrank, starrte meine Sachen an. Ich wollte nicht so sehr wie ein Mädchen wirken, aber obwohl der Schrank so voll war, wusste ich nicht, was ich anziehen sollte. Etwas bewegte sich hinter mir und lachte. "Na? Mal wieder keine Ahnung, was du anziehen solltest?", sagte eine amüsierte Stimme hinter mir. Ich drehte mich zum Teil um. Rick hatte sich auf den Ellbogen abgestützt und grinste mich an. Wie immer trug er kein Shirt, wenn er aufwachte, obwohl er sich abends immer eins anzog. Er machte mich immer dafür schuldig, weil ich ja angeblich seinem durchtrainierten - aber nicht übertrieben muskulösen - Körper nicht widerstehen konnte. Lächerlich, einfach nur lächerlich. Klar, ich war ein Mädchen und fand das wirklich nicht schlecht, aber er war mein Partner und ich empfand bei ihm nichts dergleichen wie Liebe. Liebe, dieses Wort klingt schon so liebevoll widerlich. Ich schüttelte meinen Kopf, wandte mich wieder meinem Schrank zu, um mir Sachen rauszuholen. Ich konnte kaum was erkennen. Unser Zimmer war mit einem matten marineblaue gestrichen und die einzigen Lichtquellen waren unsere kleine Stehlampen auf unseren Nachttischen, und diese waren auch nicht sonderlich stark. Ich streckte meine Hand nach oben aus, erreicht jedoch meine T-Shirts nicht. Ich wusste nicht mehr, welcher Idiot meine Sachen so hoch verstaut hatte. Zwei Hände hielten auf einmal meine Hüften fest und hebten mich hoch. Ich konnte dank der Hilfe eins meiner Shirts nehmen, dann wurde ich wieder auf dem Boden abgesetzt. Ich drehte mich um. "Danke Rick", sagte ich breit grinsend. Das war fast jeden Morgen so, wenn ich mal nicht das Shirt von gestern erneut anzog. Er grinste mich an, durchwuschelte meine sowieso ungekämmten Haare und reichte mir noch eine Bürste. Ich nahm diese dankend an. Aus dem Schrank holte ich mir noch schnell Unterwäsche und ein paar Hosen und Socken. Ein Wunder war geschehen - ich hatte eine Unterwäschenkombi rausgefischt. Rick bemerkte dies jedoch auch. Ich erkannte das daran, als er anfing zu lachen und sich immernoch breit grinsend selber Anziehsachen aus seinem Schrank holte. Der Versuch, ihn zu ignorieren, scheiterte erst, als er aufhörte, gelang mir der Versuch doch noch. Ich zog mich also an. Es war schon gar nichts Ungewohntes mehr, mich im selben Zimmer, in dem Rick war, umzuziehen. Es war schon leicht beängstigend, doch irgendwie auch amüsant zu sehen, wie es wäre, wenn man es anderen Leuten erzählen würde (wie jetzt gerade).
Wir waren ein Team, ja, aber wir waren dennoch in verschiedenen Klassen. Ich hatte verschlafen, wie ich merkte, als ich auf die Uhr sah. Rick nicht, er hatte immer eine Stunde später Unterricht. Glückspilz. Ich nahm also schnell meine Sachen, versuchte so schnell wie möglich aus dem Zimmer zu stürmen und den Gang entlang zu rennen. Unsere Schule war ein Internat - ein seltsames Internat - in dem keiner wusste, woher man eigentlich kam. Ich wusste auch nicht, woher ich kam, aber wenn ich Zeit zum Nachdenken hatte, dachte ich mir, dass meine Familie mich wohl nicht sonderlich mochte. Oder sie mochte mich sehr, da diese Schule eine sehr gute war. Auch, wenn ich mich nicht an sie erinnerte, oder an die letzten 12 Jahren. Ich hatte keine Ahnung. Jedenfalls rannte ich den Gang entlang, wurde jedoch immer langsamer und keuchte schon. Ich war nicht sehr lange gerannt, aber mein Körper erlaubte es mir nicht mehr, weiterzurennen. Also lief ich. Ich lief mit schweren Schritten weiter. Den Anfang der ersten Stunde hatte ich sowieso verpasst, ich musste mich nicht mehr beeilen. Plötzlich blieb ich stehen. Eine Art Stich in meinem Kopf hielt mich an. Ich drehte den Kopf um. Ein Mädchen fiel in mein Sichtfeld. Es stand auch nur da, drehte auch den Kopf um und unsere Blicke trafen sich. O Gott, ihre Haare hatten ein so wunderschön blasses lila, dass ich mich darin eingewickelt hätte, wenn sie geschlafen hätte. Wir drehten uns ganz um, standen uns gegenüber, und machten langsam Schritte aufeinander zu. Ihr könnt nicht glauben, wie nahe wir uns standen. So nahe, dass unsere Gesichter und unsere Brüste kaum noch Platz zwischen sich hatten. Irgend etwas Seltsames lag in der Luft, als wir uns tief in die Augen sahen. Dann musste es kommen, wie es kommen musste. Wir schlangen unsere Arme um den jeweils anderen und küssten uns. Erst ganz vorsichtig und sanft, dann immer leidenschaftlicher. O Gott, fühlte es sich gut an. O Gott, ihre Lippen waren so weich an, es fühlte sich wie eine Sünde an. O Gott, ich wollte nicht aufhören. Wahrscheinlich sahen wir wie ein niedliches Paar aus, oder auch nicht. Ich drückte sie mittlerweile an die Wand, ihre Händen lagen auf meine Hüfte. Nie in meinem Leben hätte ich drauf gewettet, dass mir so etwas jemals passieren würde. Nach einigen Minuten, als die Klingel ertönte, lösten wir uns langsam voneinander und unsere Wege trennten sich wortlos. Es war wunderschön, und wortlos, aber keiner von uns beiden hätte jemals darüber ein Wort verloren, das wusste ich.
Unsere Schule war gigantisch, das erkannte man bereits an unserer Cafeteria, die bereits die Größe einer normalen Schule hatte. Ihr Dach war so hoch, dass es sogar oben eine Art Aussichtsplattform gab, auf der man essen konnte. Ich saß mit Rick an einem Tisch, wir warteten auf unseren Lehrer, der auf sich warten ließ. Mein Partner saß links von mir und sah aus dem Fenster, ich sah zur anderen Seite. Wir sahen, denke ich mal, aus wie ein Paar, dass sich gerade gestritten hatte. Ziemlich... dumm... von... uns... Auf einmal legte sich Ricks Arm um meinen Hals. Sofort wurde ich runtergedrückt und eine Faust rieb sich ganz fest an meinen Kopf. Ich unterdrückte einen Schrei, versuchte jedoch den Arm von mir zu reißen und trat wild gegen das Halbkreissofa, auf dem wir saßen. "Rick! Lass los!", zischte ich wütend. "Du ruinierst meine Haare und meinen Haarreif" Rick lasste los, doch er lachte immernoch. Wütend richtete ich mir Haare und Haarreif, der sich leicht verschoben hatte, grinste dann aber meinen Partner an. Unsere Augen richteten sich dann auf eine Fremde, die von Tisch zu Tisch lief und um etwas bettelte, wie es aussah. Ihre Haare waren kurz, struppig und braun, ihre Haut faltig und ihre Zähne waren leicht verschoben und gelblich. Ihre dunkelblaue Filzjacke verdreckt, genau wie ihre olivgrüne Hose. Ich verstand nicht, wie eine Frau wie diese in unsere Caféteria kam, Rick anscheinend auch nicht. Die Frau kam zu uns, doch wir winkten sie nur mit einer Hand ab. Mein Kumpel nahm etwas aus seiner Tasche. Ich erkannte nicht, was es war, aber er drückte drauf. Zwei Männer kamen und nahmen die Frau mit. Unsanft führten sie sie weg. "Furchtbar", murmelte mein Partner. "Es gibt immer mehr Arbeitslose in diesem Land. Immerhin kommen die schon in unsere Schule" Ich nickte stumm und zustimmend.
Nach einigen Minuten kam dann unser Lehrer. Wie immer trug er eine Brille. Seine Haare waren kurz und weiß, genau wie sein Bart. Wie gesagt - ein alter Sack von Lehrer. Eigentlich war ich mir nicht sicher, ob er hier bei uns unterrichtete, aber er war hier und keiner hatte was dagegen. Man kannte ihn, also musste er irgendjemanden unterrichten. "Guten Morgen, ihr Beiden", begrüßte er uns wie immer lächelnd und setzte sich auf den Stuhl gegenüber von uns. "Ihr habt einen Auftrag" Wir wurden aufmerksam, sahen ihn irritiert an. "Auftrag? Sind wir jetzt ein Team wie in diesen Spielen, die Diana immer zockt?", "Oder Rick" Wir waren wirklich verwirrt. Das klang irreal, aber unser Lehrer nickte. "Ihr müsst irgendwohin gehen und ein Monster bekämpfen, das schon ziemlich viele Probleme bereitet hat", besser beschrieb er es uns nicht. Sofort erhoben wir uns. Endlich verstand ich, wieso wir Waffenkampf und Magie als Fächer hatten. Es gab nicht viele, die diese Fächer hatten. Ich fühlte mich nun leicht.. dumm. Unser Lehrer beschloss, uns sofort zu diesem mysteriösen Ort mitzunehmen, da das Biest nicht auf sich warten ließ - laut ihm.