Ja, also... hatte lange nix mehr geschrieben und deshalb ist es ziemlich eckig. Macht aber nichts, denn es diente hauptsächlich dazu mich wieder ein bißchen an längere Texte zu gewöhnen. (nicht so wirklich erfolgreich).
Hatte davor ziemlich mit meinem Stil gekämpft, wie gesagt, es holpert ziemlich scheußlich, und das Inhaltliche hatte ich in anderer Form auch schon mehrmals.
Wer meine Charaktere nicht kennt, wird an dem Text noch weniger Freude haben, weil es aus dem Zusammenhang keinen Sinn ergibt. Wie oben gesagt.
Gut, zeitlich einzuordnen ist das in der Storyline bevor die No und die NZ ernsthaft aufeinandertreffen. (Tani, der hier allerdings nicht vorkommt, ist noch nicht degradiert worden, die NZ auf Meisterniveau haben sich gerade erst in kleine Gruppen eingeteilt, mit dem Ziel, im Westen nach Spuren des Feindes ausschau zu halten.)
Taburo ist scheinbar ziemlich OOC, aber das hat schon Gründe.
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Ein kalter Windzug rauschte über die Ebene, die sich unter einem sternklarem Nachthimmel erstreckte. Er raschelte im hohen Gras, bewegte die Zweige der Bäume und Büsche, trug das ein oder andere frühe Blatt mit sich fort und sog das letzte bißchen Wärme aus Luft und Boden. Im fahlen Licht des Sichelmondes wirkten die Dickichte, die den Lagerplatz umgaben, wie finstere, schwarze Wälle, und trotz der tagsüber allgegenwärtigen Gefahr hatte die beiden Wanderer ein angenehmes Gefühl der Ruhe überkommen. Für diese Nacht waren sie sicher, gut abgeschirmt von feindlichen Augen oder Ohren. Und doch fand Taburo keinen Schlaf. Bewegungslos lag er auf dem Rücken und starrte das entfernte, blauschwarze Firmament über sich an, lauschte dem Säuseln des Windes, spürte, wie die ihn umgebenden Halme in der Brise sacht gegen seinen Körper rieben. Manchmal, wenn die Luftströmung etwas abnahm und das trockene Gras kurz zur Ruhe kam, vernahmen seine scharfen Sinne die gleichmäßigen Atemzüge seines Meisters, der nur wenig entfernt seinen eigenen Träumen nachhing. Und immer, wenn dies geschah, begann es im Kopf seines ehemaligen Lehrlings wieder zu arbeiten. Taburo fixierte einen besonders hellen Stern direkt über ihm. Es wäre ihm ein leichtes gewesen, einige seiner üblichen Konzentrationsübungen durchzuführen und sich zur Ruhe zu zwingen, aber diesmal hatte er vorgenommen, es nicht zu tun. Die Ausgeglichenheit, die jahrelang mit seiner Meditation erkauft hatte, schien ihm seit einiger Zeit nichts weiter als nur inneres Totsein... tief in sich spürte er, daß er irgendwann auf seinem Weg etwas verloren hatte... nur was? Er glaubte, die Antwort gefunden gehabt zu haben. Für eine kurze Weile hatte er tatsächlich den Eindruck einer ganz neuen und doch instinktiv vertrauten Welt gehabt, etwas das so richtig schien, egal wie falsch es auch sein mochte, etwas von so glühender Lebendigkeit, daß er das tiefe, kalte Loch in sich nunmehr mit um so schmerzhafterer Deutlichkeit spürte. Er hatte es wieder verloren... aus der Hand gegeben... kaputt gemacht in einem Augenblick des Wahns und der Hilflosigkeit.
Frei hatte er sich gefühlt. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er die wahre Bedeutung des Wortes Freiheit kennengelernt. Er erinnerte sich, wie er es sich in Gedanken immer wieder vorgesagt hatte, in den Momenten, wo die einstmals so verhaßten Emotionen wie eine heiße Welle über ihn gekommen waren, wo er es zugelassen hatte, entschieden hatte, einfach nur schwach zu sein. „Ich bin frei.“ Taburo versuchte, sich dieses Gefühl noch einmal in Erinnerung zu rufen, aber was in ihm erwachte, war nur wie ein schwaches Nachglimmen, und er fand sich noch immer daliegend und den selben Stern anstarrend. Der Sinn der Worte entglitt ihm wieder, schlüpfte durch die Maschen seiner Gedanken wie Rauch, und er gab es auf. Wie hielt Awreff es nur mit all diesen Emotionen aus? All diese Widersprüche, Halbgereimtheiten, wilden, widerstreitenden, verworrenen, drängenden, quälenden, nicht zueinander passenden, irreführenden Gefühle, denen er nun erlaubte, sich in ihm breitzumachen, waren mehr als er auf ein mal kontrollieren konnte. Doch in die alte Erstarrung, so einfach und verlockend sie ihm wieder erschien, wollte er nicht mehr zurück. Es war die Entscheidung, die er während seiner Gefangenschaft gefaßt hatte. Im Stillen hatte er sich geschworen, herauszufinden, was aller er noch hätte sein können. Was er hätte sein können... Und doch hatte man ihn zusammen mit Nekobe Asa losgeschickt. Sein Meister wußte noch immer von nichts; Taburo hatte sich jedesmal mit Schweigen oder Ausflüchten vor seinen Fragen retten können, doch er spürte Nekobes Mißtrauen von Tag zu Tag wachsen. Nur die Wichtigkeit ihrer Mission hinderte ihn wohl daran, sich auf einen größeren Konflikt einzulassen. Für seinen Meister war Taburo immer noch der, der er einst gewesen war: der Lehrling, der ohne seine Stütze unweigerlich zum Scheitern verurteilt war. Die Worte, die er damals im Verlies an ihn gerichtet hatte, waren unvergessen. Taburo würde alles tun, um sich zu beweisen, daß sein Mentor sich irrte...
Und Awreff? Die Augen des Reptiloiden verloren ihren Halt an dem hellen Lichtpunkt am Himmel und schweiften ziellos ab. Er konnte nicht sagen, was die Zukunft bringen würde. Dazu verstand er einfach noch zu wenig... „...vielleicht ist es das letzte Mal, daß wir uns sehen...“ Tab ertappte sich dabei, wie er den Gedanken schnell zur Seite legen wollte, und er hielt inne. Was wenn? Was, wenn einer von ihnen doch getötet wurde? Taburo schnaufte und hängte seinen Blick wieder an einem Stern auf. Da war es wieder, dieses unangenehme, bohrende Angstgefühl. Daß ausgerechnet er Angst verspürte, daß er sich freiwillig dazu entschieden hatte, nachdem Nekobe zwanzig Jahre darauf verwendet hatte, ihm zu zeigen, wie man es nicht spürte...
Wieder kam ein leichter Windzug auf und hüllte die Nacht in tiefes Rauschen. Tab regte sich ein wenig und zog die rechte Hand unter seinem Kopf hervor, streckte den Arm senkrecht aus und musterte ihn. Selbst in dieser Dunkelheit war die Narbe noch deutlich zu sehen. Als dunkle Linie, gesäumt von helleren Rändern zog sie sich von seiner Armbeuge hinauf über sein Handgelenk bis hin zur Kuppe seines Mittelfingers, gerade und präzise. Er konnte sich an jedes kleine Detail seiner letzten Prüfung in Neurosuppression erinnern. Automatisch blendete sein geschultes Hirn alle Gefühlsregungen aus, als er sich die Momente wieder vor Augen rief. Blut, sehr viel davon, das seinen Unterarm komplett rot gefärbt hatte und auf den Boden tröpfelte, den berechnenden, grausam-zufriedenen Ausdruck im Gesicht seines Meisters, gekrönt von einem verzerrten Lächeln, das stetige Hämmern seiner Attacken gegen seinen sorgfältig verschlossenen Geist, und in ihm selbst die perfekteste Leere die er je erschaffen hatte. Werder Schmerz, noch Aufregung, noch sonst irgendwas. Nur reine Konzentration. Niemand sonst außer ihm hätte das durchgestanden, da war Taburo sich sicher, und der Gedanke erfüllte ihn mit Stolz.
War er... Nekobe Asa dankbar, daß er ihm das angetan hatte? In einer gewissen Weise ja, und andererseits haßte er ihn dafür, wie er es ganz am Anfang getan hatte. Ganz früher, als er noch jung und sehr dumm gewesen war... und doch versuchte er jetzt, in jenen Zustand zurückzukehren. Es war schon seltsam. Seine Gedanken striffen durch die Erinnerungen dieser alten, fast vergessenen Zeit wie eine Hand durch Wasser. Bis er an den Punkt kam, wo... Taburo brach ab. Sein Herz klopfte schneller, und mit einem Mal hielt er es nicht mehr aus, ruhig liegen zu bleiben.
Gierig stürzte sich der Wind auf die feuchten Stellen an seinem Rücken, doch Taburo achtete nicht auf die Kälte. Der Mond war wieder im Sinken begriffen, bis zur Dämmerung blieben höchstens noch vier Stunden. Vielleicht war es nach allem doch Zeit für ein wenig Konzentration und Ruhe...