Eins gleich vorweg: Lachen ist gesund!
Die meisten dürften wissen, daß mich Zugfahren ziemlich begeistert. Bei der letzten Fahrt entlang des Rheins, zwischen Mainz und Koblenz, Weinbergen und dem Loreleyfels, ist es passiert. Klein-Thunder hat über ihre S-Bahn-Leidenschaft geschrieben. So, jetzt wißt ihr, warum ihr lachen dürft. XD
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Wenn wir den Kopf heben und in den Himmel blicken, zieht ein Gewirr aus schwarzen Fäden mit uns.
Unter uns holpert es. Das Singen der Motoren umgibt uns wie ein bunter Schwarm aus Kolibris.
Wir fahren Schnellbahn.
Die Stadt schweigt. Es ist noch früh.
Stumm stehen die Häuser, eng und starr, wie in tiefen Winterschlaf gefallen.
Der Himmel, noch ein einziges blaugraues Einerlei. Nur am Horizont, gleich über den sanften Höhenzügen, leitet eine rote Schärpe den Morgen ein.
Elektrisches Surren, ganz in der Nähe.
Wie ein pechschwarzer Scherenschnitt steht die dürre Silhouette des Pantografen gegen den heraufdämmernden Tag.
Kühl perlt der Tau auf seiner harten Haut, die von ihrem früheren Glanz schon viel verloren hat.
Das Licht in seinem Innern leuchtet nur mit halber Kraft.
Auch er macht den Eindruck, nach zu kurzer Nacht erneut gefordert zu werden.
Der Eindruck täuscht.
Zwar ruht er, an Energie hat es ihm jedoch noch nie gemangelt.
Er weiß, nur noch kurz, dann darf er wieder leben.
Unsere Hand spürt die Kälte, die eine Nacht lang Königin sein durfte. Feucht fühlen sie sich an, die stählernen Türgriffe, als wir eintreten.
Wärme schmeichelt unseren frierenden Gliedern.
Wir sind die ersten.
Und nehmen Platz.
Zurückgelehnt lassen wir unsere Gedanken für einen Moment ruhen.
Nur wir und das leise Wummern der Luftpresser, die in den Eingeweiden des Zuges arbeiten.
Beinahe hätten wir uns zu leichtem Schlummer hinreißen lassen, doch nun ist es Zeit.
„Zurückbleiben, bitte“, hallt es über den klammen Bahnsteig.
Eine einzelne Sekunde überbrückt die Stille, bis der Kanon der Schnellbahn einsetzt.
Die Luft arbeitet für ihn, zischend und pressend.
Zwölf Türpaare schließen sich ohne jede Scham vor dem Donnerschlag, den sie entfesseln, als wollten sie uns damit wachrütteln.
Sekunden dehnen sich, was ist nun, aus Metall geschaffener Gigant?
Wollte er uns auf die Folter spannen?
Selbst wenn dem so wäre, lange hielt er sein Spiel nicht durch, zu groß war sein Drang nach Freiheit. Irgendwo in seinem Innern zischt es, ein gutturales Klacken folgt.
Brummend schüttelt er die Reste der Nacht ab. Er zieht vorwärts, so ungestüm wie ein junger Hund, der von der Leine gelassen werden will.
Er drückt uns in die weichen Sitze. Und der Bahnsteig fliegt vorüber.